Wenn’s richtig vibriert, ihm der Wind um die Nase weht und die Welt an ihm vorbeifliegt, ist Dirk ganz in seinem Element: Rock’n Roll in der Rhön. Dass er nach dem Cruisen bei seiner alten Softtail Harley Davidson erst einmal die eine oder andere Schraube nachziehen muss, stört ihn nicht weiter. Im Gegenteil. Dirk ist ein Schrauber aus Leidenschaft. „Es gibt wohl kaum ein Teil bei meiner Maschine, das ich in den letzten 12 Jahren nicht angefasst hätte“, sagt er. „Weil’s Spaß macht.“ Und weil er zutiefst davon überzeugt ist, dass beim Motorradfahren Hubraum durch nichts zu ersetzen ist „außer durch mehr Hubraum“, hat seine 1.340 Kubik-Harley gleich mal zu einer 2-Liter-Maschine gemacht. Damit cruist er, so oft es geht, über die Panaroma-Routen der Rhön. Bei schönem Wetter, am liebsten im fünften Gang und in aller Gemütsruhe.
Dirk liebt es nicht nur bei seinem Bike, technischen Dingen auf den Grund zu gehen. Und zwar solange, bis er alles wirklich bis ins letzte Detail versteht. Das hatte ihn vor bald 38 Jahren zu EDAG gebracht, wo er eine Ausbildung zum Technischen Zeichner begann. „Mit weniger als 100 Mitarbeitern war das damals noch alles sehr überschaubar und familiär“, erinnert er sich. „Familiär sogar im doppelten Sinne“, fügt er hinzu, „entfernter Verwandter Horst Eckart hatte das Unternehmen gegründet.“ Nicht dass er wegen der verwandtschaftlichen Beziehung eine etwas „ruhigere Kugel“ hätte schieben können. Im Gegenteil. „Wir haben alle richtig viel gearbeitet. Unsere Termine konnten wir immer einhalten. Wenn’s sein musste auch mal mit Nachtschichten“, sagt er. Dabei klingt ein bisschen Stolz mit. „Und wie wir gearbeitet haben, so haben wir dann aber auch gefeiert. Immer mit Vollgas“, fügt er lachend hinzu.
Die Neugier und die Lust am aktiven Gestalten und Schaffen, hat Dirk von seiner Arbeit am Reißbrett später in die Wissens- und Erfahrungsvermittlung für die Auszubildenden übertragen. Bei EDAG PS gehörte er zu den ersten, die ein eigenes Ausbildungskonzept für das Unternehmen entwarfen und dies im Unterricht und Azubi-Coaching umsetzten. Es ging um Konstruktionslehre, Technische Kommunikation und alle Fertigkeiten rund ums CAD-Konstruieren.
„Mit sechs Azubis hat es damals bei der EDAG PS begonnen, heute sind es 152 Auszubildende und dual Studierende. Es begeistert mich zu sehen, wie sich die jungen Leute entwickeln und was aus ihnen wird“, sagt der Ausbilder. Es gebe dabei immer die „Selbstläufer“, die ihre Ausbildung mit großer Leichtigkeit absolvierten, andere hingegen bräuchten etwas Unterstützung. „Wenn jemand die Ausbildung abbricht, berührt mich das persönlich“, sagt Dirk mit einem Augenzwinkern. Ein gutes, vertrauensvolles Verhältnis zu seinen Azubis und Studierenden ist ihm ein echtes Herzensanliegen. „Dass auf dem Ausbildungsweg nicht allen alles in den Schoß fällt, ist doch logisch. Da unterstütze ich gerne, wo ich kann. Ich bin schließlich selbst mal jung gewesen, war nie ein Streber und kenne all die Höhen und Tiefen auf einem Ausbildungsweg.“
Deswegen kommt es für ihn auch überhaupt nicht infrage, als Oberlehrer und Besserwisser in Erscheinung zu treten. „Mir ist der persönliche Kontakt wichtig. Ich setze Vertrauen in meine Azubis und Studierende und umgekehrt können sie sich auf mich verlassen und sich mir anvertrauen, wenn die Dinge einmal nicht so laufen, wie geplant.“ Das sei wie in einer Familie, erklärt der Vater von zwei erwachsenen Kindern.
Im Erdgeschoss des EDAG-Schulungs- und Seminargebäudes ist die Wand im langen Flur gepflastert mit Auszeichnungen. Die IHK, Hochschulen und andere Bildungsinstitutionen attestieren an dieser Wall of Fame den EDAG-Absolvierenden Top-Leistungen. „Das freut mich sehr und macht uns alle hier ein bisschen stolz“, sagt Dirk. Das heiße aber nicht, dass hier nur die absoluten Überflieger gefragt seien. „Ich freue mich über jeden, der die Abschlussprüfung mit ‚gut’ abschließt. Dann haben wir schon alles erreicht. Wenn’s dann ein ‚sehr gut’ mit Auszeichnung wird, umso besser. Da hat keiner was dagegen.“
„Wir haben einen super Nachwuchs, der motiviert ist, lernen will und Lust auf das Mitgestalten der Zukunft hat.“ Die Generation Z, also die um die Jahrtausendwende geborenen jungen Erwachsenen von heute, stünde allerdings auch vor ganz anderen Herausforderungen als vorangegangene Generationen. „Unsere Azubis sind mit dem Internet, mit Smartphone, Vernetzung und der permanenten Online-Verfügbarkeit nicht nur ihrer Community, sondern auch des ganzen Wissens der Welt groß geworden. Es ist ein Riesenvorteil, die Digitalisierung gewissermaßen mit der Muttermilch aufgesogen zu haben. Andererseits gehen die Digital Natives in der ganzen Flut an Informationen förmlich unter“, stellt Dirk fest.
Es reiche beispielsweise nicht aus, dass die Generation Z sehr genau Bescheid wisse, wie sie neueste Erkenntnisse schnell mal „googlen“ oder sich über ein Youtube-Tutorial schlau machen könne. „Ein paar grundlegende Dinge musst du einfach intus haben: Mathematische Grundkenntnisse wie Kopfrechnen oder einen Dreisatz, Sicherheit im Umgang mit der deutschen Sprache oder gute Manieren und einen achtsamen und wertschätzenden Umgang mit Menschen in der eigenen Umgebung“, sagt Dirk. Dass am Gymnasium jetzt teilweise wieder das G9 an die Stelle des G8 rücke, ginge dabei in die richtige Richtung.
Er wundere sich über manche „durchaus vermeidbare Fehlentwicklung“ im Bildungssystem, schaue aber weiter optimistisch auf seine Schützlinge. Im vergangenen September habe EDAG PS für ein Wochenende alle seine neuen Azubis und Studierenden zu einem „Education Tuning“ nach Fulda geholt. In der Jugendherberge Gersfeld gab es Gelegenheit zum gegenseitigen Kennenlernen und zum lockeren Gespräch mit dem Geschäftsführer der EDAG PS. „Das kam super bei den Teilnehmern an“, sagt Dirk. Am Abend hätte er eigentlich erwartet, dass sich alle mit ihren Handys zurückziehen und die Lage im Netz checken. „Die haben Gesellschaftsspiele ausgepackt und bis weit nach Mitternacht höchsten Spaß miteinander gehabt. Ganz analog“, berichtet der Ausbilder. „Ich bin absolut sicher, dass unsere Auszubildenden noch für ganz andere Überraschungen gut sind. Um ihre Zukunft ist mir nicht bange.“